Etruskische Religion

Karte der etruskischen Gebiete mit den zwölf Städten des etruskischen Städtebundes sowie weitere wichtige, von den Etruskern gegründete Städte. Das Tyrrhenische Meer war das „Hausmeer“ der Etrusker und ist nach ihnen benannt.

Der Ursprung der mythisch-theistischen Religion der Etrusker – sie selbst nannten sich Rasenna, bei den Griechen hießen sie Tyrsener und bei den Römern Tusci oder Etrusci – liegt ebenso weitgehend im Dunkeln, wie die in der Wissenschaft bis heute spekulative Herkunft dieses Volkes selbst, das nie einen Flächenstaat, nur einen vor allem kultisch überwölbten Zwölfstädtebund bildete. Die letzte dieser zwölf Städte, Vetulonia, wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts von dem italienischen Arzt und Archäologen Isidoro Falchi entdeckt. Fassbar werden sie jedenfalls als Volk erst in Italien, in dessen kulturelles Umfeld sie fest eingebunden waren. Genaueres wissen wir über sie abgesehen von griechischen, allerdings (zum Beispiel bei Hesiod) eher mythenhaft gefärbten und sich zudem widersprechenden Berichten vor allem aus römischen Quellen, und diese Quellen datieren frühestens ab dem ersten vorchristlichen Jahrhundert, sind zudem selektiv bis fragmentarisch und oft einseitig. Komplizierend kommt hinzu, dass die etruskische Sprache kaum entziffert ist, obwohl man sie lesen kann, denn die Etrusker benutzten ein griechisches Alphabet (die euböische Variante).

Vor allem in späteren Perioden war diese Religion zudem stark von der griechischen Mythologie beeinflusst. Hingegen ist die ursprüngliche Schicht kaum noch erkennbar, nicht einmal ihre Mythen kennt man genauer oder doch nur über römische Überlieferungen, dasselbe gilt für ihre Theologie und wesentliche Aspekte ihres Kultes, vor allem dessen Frühformen. Im Gegensatz zu den vorchristlichen Religionen des Abendlandes handelte es sich außerdem um eine prophetisch vermittelte Offenbarungsreligion, was wiederum eher für eine orientalische Abkunft spricht wie auch der Kunststil in der orientalisierenden Phase der etruskischen Kultur, zumal es im Orient die ersten derartigen Religionen in Ägypten, Mesopotamien, im Judentum und im Zoroastrismus gab, weshalb hier gerne auch Parallelen gezogen werden.

Trotz der massiven griechischen Einflüsse und ihres Mischcharakters ist die etruskische Religion aber im Kern ihres Wesens völlig ungriechisch, verkündet sie doch die totale Unterwerfung des Menschen unter den göttlichen Willen, dem gegenüber der Mensch ein Nichts ist. Für die Etrusker war ihre Religion daher von zentraler Bedeutung und reichte bis tief in die individuelle Lebensführung. Vorlage und Regularien dafür boten die sog. Etrusca disciplina (zu lat. disciplina: Lehre, Unterweisung, Wissenschaft), aus Büchern bestehend, die von den Priestern als Geheimwissen streng gehütet wurden und genaue Anweisungen zur Durchführung von Orakeln enthielten. Im Altertum war diese Etrusca disciplina – die Lehre von der Interpretation göttlicher Signale, also Technik der Divination (zu lat. divinare: eine göttliche Eingebung haben) und vom korrekten Umgang mit der Götterwelt weit über Etrurien hinaus berühmt. Leberschau (Haruspizium), die Interpretation des Vogelfluges (Auspizien) und der Blitze (Fulguraldisziplin) waren dabei ebenso Teil dieser Lehre wie das korrekte Vorgehen bei der Landvermessung, der Verwaltung oder dem Bau von Wasserleitungen. Die originalen Texte der Disziplinen waren aber schon zur Zeit der Römer weitgehend verloren. Die damit zusammenhängende Kosmologie ist außerordentlich komplex und ebenfalls nur in Umrissen erhalten.

Louvre: etruskischer Bronzespiegel aus dem 4. bis 3. Jahrhundert v. Chr.; er zeigt das „Urteil des Paris“ und damit den großen Einfluss, den die griechische Kultur damals auf die etruskische hatte.
Grabfresko, das die Freuden des Jenseits zeigt. Tomba del Triclinio, 480 v. Chr., Nekropole Monterozzi (Tarquinia)

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